Heft 6/2023 (Oktober 2023)

Aktuelles Heft (zum Probeabo)

Abhandlungen

J. Oster:
Einstweilige Maßnahmen gegen grenzüberschreitende Online-Plattformen 505

In seinem Urteil vom 15. Februar 2022 (Trustpilot A/S ./. Interreal Group B.V.) entschied der Gerechtshof Amsterdam über einstweilige Maßnahmen im Sinne von Art. 35 EuGVVO gegen eine Online-Bewertungsplattform. Der Gerechtshof stellte fest, dass Art. 35 EuGVVO Gerichtsstandsvereinbarungen, welche sich auf die Hauptsache beziehen, eine Zuständigkeit anderer Gerichte nach Art. 35 EuGVVO nicht ausschließen können. Allerdings entschied der Gerichtshof auch, dass Art. 35 EuGVVO nur „bewahrende“ bzw. „auf Sicherung gerichtete“ Maßnahmen betreffe. Dies umfasse nach dem Gerechtshof weder die Aushändigung von Nutzerdaten noch die „Vorratsspeicherung“ zukünftiger Nutzerdaten an, sondern allein die vorläufige weitere Speicherung bereits vorhandener Nutzerdaten.

M. Cremer
Goldene Pässe – Erkaufte Staatsangehörigkeit im Internationalen Privatrecht 510

Staaten vergeben zunehmend goldene Pässe: Sie erlauben es Investoren, ihre Staatsangehörigkeit im Wesentlichen durch Zahlung zu erwerben. Der Aufsatz untersucht die erkaufte Staatsangehörigkeit aus international-privatrechtlicher Perspektive. Er analysiert die Zwecke der Staatsangehörigkeitsanknüpfung und argumentiert, dass sie die Anknüpfung an die erkaufte Staatsangehörigkeit nicht rechtfertigen. In der Praxis vermeidet das IPR diese Anknüpfung auch zum Teil: Die erkaufte Staatsangehörigkeit ist prinzipiell relevant, bleibt aber häufig inaktiv und damit bei der objektiven Anknüpfung außen vor (Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB). Anders gelagerte Fälle können theoretisch als Gesetzesumgehung korrigiert werden, praktisch fehlt jedoch häufig der Umgehungsvorsatz. Gleichzeitig eröffnet die erkaufte Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedsstaates die Unionsbürgerschaft und die Grundfreiheiten, die dazu verpflichten können, eine im neuen Heimatstaat geschaffene Rechtslage, schon unabhängig vom Kollisionsrecht anzuerkennen.

Entscheidungsrezensionen

R.A. Schütze:
Die Befreiung englischer Kläger von der Verpflichtung zur Stellung einer Prozesskostensicherheit nach dem Europäischen Niederlassungsabkommen 523

Die Entscheidung schafft Klarheit über die Prozesskostensicherheitsverpflichtung von Klägern mit gewöhnlichem Aufenthalt im Vereinigten Königreich nach dem Brexit. Der BGH nimmt eine Befreiung nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO aufgrund des Europäischen Niederlassungsabkommens an. Der BGH hätte die Befreiung auch auf § 110 Abs. 2 Nr.2 ZPO in Verbindung mit dem deutsch-britischen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen stützen können.

Im Verhältnis zur Schweiz geht der BGH v on einer Befreiung nach § 110 Abs. 2 Br. 2 ZPO in Verbindung mit dem LugÜ II aus.

Die Einrede für eine nachträgliche Prozesskaution ist in der Instanz geltend zu machen, in der der entsprechende Umstand eintritt.

C. Thole:
Hoheitlich erlangte Beweismittel und die Einordnung wettbewerbsrechtlicher Klagen als Zivilsache i.S.d. Art. 1 EuGVVO 524

Mit Urteil vom 22.12.2022 hat der EuGH den Begriff der Zivil- und Handelssache i.S.d. Art. 1 EuGVVO (VO Nr. 1215/2012) und die damit verbundene Abgrenzung von hoheitlichen Maßnahmen weiter präzisiert. Das knappe Urteil hält die vom französischen Wirtschaftsminister nach Maßgabe des Code de commerce erhobene Klage auf Verhängung einer zivilrechtlichen Geldbuße und auf Feststellung und Unterlassung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen für acta iure imperii und folglich für nicht vom Anwendungsbereich der Verordnung umfasst. Christoph Thole hält das Ergebnis für gut vertretbar, hält aber Teile der Begründung des Urteils für nicht zweifelsfrei.

T. Bens:
Die Scheinunternehmerin, der vermittelnde Lebensgefährte und der gutgläubige Vertragspartner: Feststellung der Verbrauchereigenschaft i.S.v. Art. 17 EuGVVO 527

In dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Wurth Automotive geht es um die Frage, wann eine Person als Verbraucher im Sinne des Art. 17 EuGVVO anzusehen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGHs bestimmt sich die Verbrauchereigenschaft nach dem Zweck des Vertrags. Das Landesgericht Salzburg entschied angesichts der verschiedenen unklaren Sachverhalte über seine internationale Zuständigkeit nach Art. 18 Abs. 1 EuGVVO und legte dem EuGH sechs Fragen zur Auslegung der Art. 17-18 EuGVVO vor. Die Vorlagefragen waren tatsächlicher Natur; sie wurden vom Gerichtshof zu eher abstrakten Auslegungs-, Bewertungs- und Beweisfragen umformuliert. Das Urteil bestätigt, dass derjenige, der seinen Vertragspartner über den mit dem betreffenden Vertrag verfolgten Zweck (un)bewusst in die Irre führt, so behandelt werden müsse, als habe er auf den Verbraucherschutz verzichtet.

I. Bach/F. Burghardt:
Zum Stellenwert des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts für den nachehelichen Unterhalt – Der BGH im Bermudadreieck zwischen tatrichterlicher Abwägung, grundsätzlicher Bedeutung und acte clair 531

Im Haager Unterhaltsprotokoll herrscht die Regelanknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der unterhaltsberechtigten Person (Art. 3 HUP). Für den nachehelichen Unterhalt wird diese Grundregel von der (speziellen) Ausweichklausel des Art. 5 HUP durchbrochen. Danach findet (auf Antrag) das Recht eines anderen Staates Anwendung, wenn dieser Staat eine engere Verbindung zu der Ehe aufweist als der (aktuelle) gewöhnliche Aufenthalt der unterhaltsberechtigten Person. Der BGH liest in die Ausweichklausel des Art. 5 HUP nun eine ergänzende Voraussetzung in Form einer de-minimis-Schwelle hinein: Die Verbindung des anderen Rechts zu der Ehe muss nicht nur – relativ gesehen – enger sein als die Verbindung des von Art. 3 HUP berufenen Rechts, sondern sie muss auch absolut betrachtet eng sein. Ivo Bach und Frederik Burghardt kritisieren, dass diese Auslegung weder mit vom Wortlaut gedeckt ist noch einer historisch-teleologischer Betrachtung standhält. Eine Vorlage an den EuGH hat der BGH mit fadenscheiniger Begründung abgelehnt.

A. Botthof:
Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ): Zum Rückgabestaat und dem Kindeswohl als Vollstreckungshindernis 536

Zwei aktuelle Entscheidungen werfen neues Licht auf das Haager Kindesentführungsübereinkommen. Das Kammergericht äußert sich zur umstrittenen Frage, ob ein widerrechtlich verbrachtes Kind auch in einen anderen Vertragsstaat als den Staat des (früheren) gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes zurückgeführt werden kann. Nach Ansicht des Gerichts ist das dann möglich, wenn Kinder dadurch in ihre gewohnten familiären Bindungen und Beziehungen zurückkehren können. Der Oberste Gerichtshof war mit der Bedeutung des Kindeswohls im Vollstreckungsverfahren befasst. In seiner aktuellen Entscheidung bekräftigt er seine ständige Rechtsprechung, wonach die Behauptung, das Kindeswohl würde durch die Rückführung gefährdet, nur auf Sachverhalte gestützt werden kann, die sich nach dem Erlass der Entscheidung über die Rückführung ereignet haben.

D. Wiedemann:
Die Sicherung von Zwangsgeldern mittels Europäischer Kontenpfändung 540

Titel, die zum Handeln, Dulden oder Unterlassen verpflichten, können Gläubiger im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO auf zweierlei Weise vollstrecken: Zum einen besteht die Möglichkeit, den Handlungs-, Unterlassungs- oder Duldungstitel (primäre Verpflichtung) grenzüberschreitend durchzusetzen.  Zum anderen können Gläubiger eine Zwangsgeldanordnung erwirken (sekundäre Verpflichtung) und diese Anordnung – sofern das Zwangsgeld der Höhe nach endgültig festgesetzt ist – in einem anderen Mitgliedstaat vollstrecken (Art. 55 Brüssel Ia-VO). Das OLG Köln und der EuGH hatten zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen die EuKpfVO eine weitere Option schafft: Können Gläubiger Zwangsgelder mittels Europäischer Kontenpfändung sichern lassen? Das OLG Köln lehnte diese Möglichkeit ab. Das Gericht entschied, dass Zwangsgelder nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der EuKpfVO fallen, weil ein Anspruch auf Erfüllung einer Handlung und keine Geldforderung zugrunde liegt. In der Rechtssache Starkinvest klassifizierte der EuGH Zwangsgelder als Geldforderungen. Ein Zwangsgeldbeschluss, in dem das Ursprungsgericht die Höhe des Zwangsgelds nicht endgültig festgesetzt hat, rechtfertigt den Erlass eines Kontenpfändungsbeschlusses jedoch nicht. In diesem Fall muss der Gläubiger das Gericht zu der „berechtigten Annahme“ veranlassen, dass in einem Hauptsacheverfahren über die Zwangsgeldforderung voraussichtlich zugunsten des Gläubigers entschieden wird (Art. 7(2) Verordnung 655/2012).

Rezensierte Entscheidungen

40
BGH - ZPO §110 546

Die Befreiung englischer Kläger von der Verpflichtung zur Stellung einer Prozesskostensicherheit nach dem Europäischen Niederlassungsabkommen [R.A. Schütze, S. 523] 

41
EuGH - EuGVVO Art. 1 Abs. 1 547

Hoheitlich erlangte Beweismittel und die Einordnung wettbewerbsrechtlicher Klagen als Zivilsache i.S.d. Art. 1 EuGVVO [C. Thole, S. 525] 

42
EuGH - EuGVVO Art. 17 Abs. 1 549

Die Scheinunternehmerin, der vermittelnde Lebensgefährte und der gutgläubige Vertragspartner: Feststellung der Verbrauchereigenschaft i.S.v. Art. 17 EuGVVO [T. Bens, S. 528] 

43
BGH - EuUnthVO Art. 15; HUP Art. 3 Abs. 1, Art. 5, Art. 8 554

Zum Stellenwert des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts für den nachehelichen Unterhalt – Der BGH im Bermudadreieck zwischen tatrichterlicher Abwägung, grundsätzlicher Bedeutung und acte clair [I. Bach/F. Burghardt, S. 531] 

44
KG Berlin - HKÜ Art. 1 lit. a), b), Art. 3, Art. 12 Abs. 1, 2, Art. 13 Abs. 1 S. 1 lit. b) 557
45
OGH - AußStrG § 71 Abs. 3; HKÜ Art. 3 560

Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ): Zum Rückgabestaat und dem Kindeswohl als Vollstreckungshindernis [A. Botthof, S. 536]

46
OLG Köln - EuKPfVO Art. 4 Nr. 5, Nr. 8 561
47
EuGH - Verordnung (EU) Nr. 655/2014 Art. 4, Art. 7 Abs. 2; EuGVVO Art. 55 562

Die Sicherung von Zwangsgeldern mittels Europäischer Kontenpfändung [D. Wiedemann, S. 541]

Blick in das Ausland

P. Hay:
Der US-Supreme Court erweitert die allgemeine Zuständigkeit für Klagen gegen auswärtige im Forumsstaat tätige Gesellschaften 566

auswärtige im Forumsstaat tätige Gesellschaften

Im Juni 2023 erweiterte der U.S. Supreme Court das Recht amerikanischer Gerichte, allgemeine Zuständigkeit über auswärtige einzelstaatliche oder ausländische Gesellschaften auszuüben, wenn diese sich für kommerzielle Tätigkeit in dem betreffenden Einzelstaat registriert haben oder einem entsprechenden Registrierungsgebot unterliegen. Fünf der neun Supreme Court Richter stützten die neue Entscheidung (Mallory v. Norfolk S. Ry. Co.) auf eine Entscheidung des Gerichts aus dem Jahre 1917, die sie als binding precedent betrachteten. Die Registrierung in dem Einzelstaat beinhaltete die Einwilligung zur Ausübung der allgemeinen Zuständigkeit, zumal das Gesetz des betreffenden Einzelstaates das auch vorsah bzw. in einem Parallelfall – so ausgelegt wurde.

Vier der fünf Richter gingen weiter. Nach ihrem obiter dictum genügt die wirtschaftliche Tätigkeit der auswärtigen Gesellschaft, um die Ausübung der allgemeinen Zuständigkeit zu rechtfertigen, d.h. auch wenn der Klagegrund keine wie auch immer geartete Verbindung zur Tätigkeit aufweist. Die Minderheit meinte auch, dass die sogen. transient jurisdiction (Zuständigkeit begründet durch Klagezustellung im Gerichtsstaat während dortigen vorübergehenden Aufenthalts der Beklagten) auf juristische Personen ausgeweitet werden könnte bzw. sollte.

Eine Minderheit von vier Richtern lehnte die Mehrheitsentscheidung ab, weil sie die das Urteil tragende 1917er Entscheidung als von den zahlreichen seit der 1945er International Shoe-Entscheidung ergangenen Urteilen als aufgehoben (rescinded) betrachtete.

Die Mehrheit befasste sich weder mit den seit 1917 ergangenen Entscheidungen noch mit dem Gedanken eines der fünf Richter, ob eine bundesverfassungsrechtliche Bestimmung zum zwischenstaatlichen Handel berücksichtigt werden sollte (die Frage lag dem Gericht nicht vor).

Die Entscheidung erweitert die allgemeine Zuständigkeit über alle Gesellschaften, die in mehreren oder in allen US-Bundesstaaten tätig sind, zumal alle Einzelstaaten die Registrierung verlangen. Ob sie sich durch die Gründung von Tochtergesellschaften abschirmen können, hängt davon ab, ob die Tochter als alter ego oder Stellvertreterin betrachtet wird, so dass ein Durchgriff auf die Mutter erfolgen könnte. Höchstrichterliche Entscheidungen dazu, sowie zur möglichen Erweiterung der “transient jurisdiction,” stehen noch aus.

 

M. Reimann:
Der erneute Gefahr "exorbitanter" Zustaendigkeit amerikanischer Gerichte - und ihre Grenzen 571

In seiner jüngsten Entscheidung zur örtlichen Zuständigkeit (personal jurisdiction), Mallory v. Norfolk Southern Railway Co. (600 US ---, 2023), hat der US Supreme Court den Einzelstaaten eine weitere Waffe gegen Unternehmen in die Hand gegeben, die nicht im Forumstaat ansässig sind. Mit einer knappen Mehrheit hat das Gericht es unter der due process clause für zulässig erklärt, dass ein Staat die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis (business license) an solche Unternehmen an die Unterwerfung (consent) unter die Allgemeinzuständigkeit (general jurisdiction) seiner Gerichte knüpft. Dadurch kann ein Staat die in Daimler AG v. Bauman (2014) aufgestellte Regel unterlaufen, dass Unternehmen nur in ihrem Heimatstaat der Allgemeinzuständigkeit unterliegen. Die davon ausgehende Gefahr für Unternehmen ist jedoch aus drei Gründen geringer, als es zunächst scheint. Erstens haben jedenfalls bisher nur sehr wenige Staaten von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, und es ist nicht zu erwarten, dass sich das grundlegend ändert. Zweitens werden Klagen aufgrund solcher Zuständigkeit meist an der forum non convenies doctrine scheitern, denn wenn ein Rechtsstreit keinerlei Bezug zum Forumstaat hat, haben dessen Gerichte kaum Grund, ihre Zuständigkeit wirklich auszuüben. Drittens wird die Ausübung von general personal jurisdiction aufgrund einer quasi erzwungenen Unterwerfung über kurz oder lang höchstwahrscheinlich an der "dormant Commerce Clause" scheitern, wenn ein Fall keine Verbindung zum Forumstaat aufweist. Es ist deshalb zu erwarten, dass sich diese Form der Allgemeinzuständigkeit über kurz oder lang auf Faelle mit hinreichendem innerstaatlichen Bezug beschränken wird. Dann aber ist die Zulassung von Allgemeinzuständigkeit aufgrund von consent eine durchaus angemessene Korrektur des (zu weitgefassten) Daimler-Urteils sowie eine oft sinnvolle Ergänzung der (oft zu eng begrenzten) besonderen Zuständigkeit (specific jurisdiction). Im Übrigen wird der Schutz, den das Daimler-Urteil Unternehmen gewährt, durch die neue Mallory-Entscheidung keineswegs umfassend beseitigt. Denn eine Allgemeinzuständigkeit aufgrund von Unterwerfung kommt sowieso nur dann in Betracht, wenn überhaupt eine business license erteilt werden muss; das ist aber bei ausländischen Unternehmen, die in den USA nur durch eine Tochtergesellschaft tätig sind, ebenso wenig der Fall wie bei Unternehmen, die im Forumstaat nur sehr begrenzt bzw. gelegentlich agieren.

T. Kono:
Strafschadensersatz und proaktive Anwendung des ordre public im Rahmen der Anerkennung ausländischer Urteile in Japan 576

Das kalifornische Urteil, das einen Strafschadenersatz vorsah, wurde in Kalifornien teilweise vollstreckt. Die Frage, ob der vollstreckte Teil so ausgelegt werden kann, dass er den Teil mit Strafschadensersatz einschließt, wurde als Voraussetzung für die Vollstreckbarkeit des nicht gezahlten Teils in Japan aufgeworfen. Der Oberste Gerichtshof Japans stellte fest, dass der Teil des Strafschadensersatzes in dem kalifornischen Urteil nicht den Anforderungen von Artikel 118 Absatz 3 der Japanischen Zivilprozessordnung entspricht und dass das Exequatur des ausländischen Urteils nicht erteilt werden kann, als ob die Zahlung auf den Anspruch auf Strafschadensersatz angerechnet würde. Der Oberste Gerichtshof scheint den Standpunkt vertreten zu haben, dass Japans System der Anerkennung ausländischer Urteile ein System ist, das die Wirkung ausländischer Urteile nicht nur dann proaktiv verweigern kann, wenn sich die Wirkung des ausländischen Urteils auf japanisches Hoheitsgebiet erstreckt, sondern auch, wenn sich die Wirkung des ausländischen Urteils nicht auf Japan erstreckt. Der Autor dieses Artikels ist der Ansicht, dass die soziale Funktion von Strafschadensersatz auf bundesstaatlicher Ebene keine öffentliche Ordnung darstellen würde, wenn Strafschadensersatz versicherbar ist. Daher würde der proaktive Einsatz der ordre public durch den japanischen Obersten Gerichtshof keine direkten Spannungen mit diesen Bundesstaaten verursachen. In anderen Bundesstaaten, in denen Strafschadensersatz nicht versicherbar ist, kann jedoch unter bestimmten Umständen die ordre public im japanischen Recht gegenüber der ordre public im US-amerikanischen Recht zu einem Streitpunkt werden.

 

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